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Beschreibung von Paul Stierle

Woher kommt der Name Reußenstein?

Untersuchungen über die Herkunft und Deutung des Namens einer Burg können aufschlussreich über deren Frühgeschichte sein. Die herkömmliche Meinung über die Entstehung des Namens Reußenstein kann dem Sinn nach folgendermaßen wiedergegeben werden: Als die Burg in die Hände eines "Reuß" gekommen, "allerdings unbestimmt wann und wie", da hat sich der neue Burgherr zwar anfänglich wie der erste Ritter dort oben "von Stein" oder "vom Stain genannt, dann aber seinen Familiennamen vor "Stein" gesetzt und sich, "wie es fast scheint", in der Folgezeit "von Reußenstein" geschrieben. Das sieht sehr einleuchtend aus. Aber es ist auch möglich, dass das Wort Reußenstein ein Flurname ist und mit dem Familien oder Beinamen Reuß der Bedeutung nach nichts zu tun hat, obwohl beide Namen denselben althochdeutschen Wortstamm haben können. Diese Vermutung muss begründet werden.
Aus den greifbaren Urkunden und aus zuverlässiger Literatur können wir die Entwicklungsreihen des Personennamens Reuß, des Adelsnamens und des Flurnamens Reußenstein aufstellen.
Der Personenname "Reuß" hat folgende Formen der Schreibweise:
"Ruzze" (1284); " Rüsze" (1299); "Rüsz" (1297); "Rüsse" (1336); "Rizze" und "Rüzze" (1.341), "Ryse" (1389); " Rüsse" (1472); "Ruß (1478); "Reyss" (1521 auf Epitaph in Faurndau).
Die Formen des Flur und Burgennamens Reußenstein sind: "Rüsßenstein", "Ryßenstain", "Rüssenstein" (1438, auch 1428, 14,38, ferner 1441);
"Rüsenstein". "Reysenstain" und "Reüsenstein" (1441), "Reissenstein"(1566), "Reißenstain" (1628), "Reisenstain" (1703), "Reußenstein" (1755 Wiesensteig).
Die Formen "Eyssenstain" (1559 in einem Freiheitsbrief von Kaiser Ferdinand) und "Rueßenstein" (1755) sind als Schreibfehler zu betrachten.
Der Adelsname "Reuß von Reußenstein" ist in der Literatur zum ersten Mal genannt in der Beschreibung des Oberamts Kirchheim Seite 267, wo deren Verfasser berichtet, dass ein "Junkherr Hanns Rüß von Rüssenstein" als Urkundenzeuge im Jahr 1474 aufgetreten sei. Im Jahr 1474 schrieb sich dieser Hanns Rüß aber nur "Hanns Rüsse zu Vilßegk".

Als das erste verbürgte Auftreten des Adelsnamens "Reuß von Reußenstein" müssen wir einen Kaufbrief des "Heinrich RUß vom Rüsenstein" aus dem Jahr 1478 ansehen, in dem dieser einen Hof in Uwingen seiner Schwester übergibt. Die Herren "Reuß zu Filseck" hätten demnach den Adelstitel "Reuß von Reußenstein" erst etwa 100 Jahre nach ihrem Aufzug auf der Burg Filseck angenommen.
Außer der oben angegebenen Urkunde sind dem Verfasser nur noch zwei Orte bekannt, wo der Adelsname "Reuß von Reußenstein" gelesen werden kann, nämlich auf einem Grabdenkmal in den Kirchen zu Faurndau und Schelklingen. Die Schreibweise dieser drei Steinurkunden sind: 1478 "Rüß vom Rüsenstein";
1521 =,"Reyssenstein";
1603 = "Reyss von Reyssenstein".

Die Namenkunde sagt, dass "reuß" und "rüsz", wie sie in den aufgestellten Entwicklungsreihen vorkommen, von demselben althochdeutschen Stammwort "ruz" herkommen können. Von "Ruzze" oder "Rüsz" kann also sowohl der Personennamen Reuß (nach Brechenmacher als Koseform zur Kurzform Ruoß, das von Rudolf herkommen soll), als auch ein Flurname (z.B. "seinruzze", auch reuss = eine Wüstung bei Otterlohe in der Nähe von München, ferner der Fluss Reuß - aus mhd. rüsz - in der Schweiz) abgeleitet werden. Wir sind nach diesen Namensdeutungen geneigt, den von "ruz" abgeleiteten Personennamen der Familie Reuß und den Flurnamen dem Felsen und der Burg Reußenstein zuzueignen. Aus der Form "steinruzze" könnte folgender Sinn des Burgplatznamens Reußenstein herausgelesen werden: Ein mächtiger Fels bildet durch die auswitternden Felstrümmer auffallend lange Steinrutschen und große, auffallende Geröllhalden. Vielleicht hängt die Namensdeutung Reußenstein = reißender Stein im Flurnamenbuch von Buck mit dieser Vermutung zusammen; vielleicht auch die Tatsache, dass aus mhd. "rüßen" das nhd. Wort die "Riese" entstehen konnte, ebenso in einer Urkunde vom Jahr 1675:"ob der rißen die hinabgehet". Tatsächlich findet man in den Akten des Armenkastens Weilheim/Teck den Flurnamen "underm reissenden Stein" (1583).

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